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Kathrin Hennig
Frauenbeauftragte, Diakonieverein e. V.
Bitterfeld-Wolfen-Gräfenhainichen
Gräfenhainichen
„Du musst die Veränderung sein, die du in der Welt zu sehen wünschst.“ – Gandhi –
Hätten Sie’s gewusst? Im Jahr 2001 – trat die Werkstätten-Mitwirkungsverordnung (WMVO) in Kraft. Seitdem wählen in allen Werkstätten für Menschen mit Behinderung (WfbM) die Beschäftigten einen Werkstattrat, der ihre Interessen gegenüber den Geschäftsleitungen vertritt. 

Tatsächlich ist der Werkstattrat ein Erfolgsmodell und hat entscheidend mit dazu beigetragen, dass Inklusion nicht nur ein Wort ist, sondern auch gelebt wird. Es war also nur noch eine Frage der Zeit, bis in den Werkstätten für Menschen mit Behinderung auch Frauenbeauftragte ausschließlich von den weiblichen Menschen mit Behinderung als ihre Interessenvertretung gewählt werden konnten. Das entsprechende Gesetz trat zum 1. Januar 2017 in Kraft und findet immer mehr Akzeptanz, denn ihre Aufgaben sind doch von denen eines Werkstattrates in vielen Bereichen unterschiedlich. Neben der Vertretung der weiblichen Interessen gegenüber der Werkstattleitung, sind die Frauenbeauftragten noch in vielen anderen wichtigen Bereichen für die Beschäftigten unterwegs: Gleichstellung von Frauen und Männern. Vereinbarkeit von Familie und Beschäftigung. Schutz vor körperlicher, sexueller und psychischer Belästigung oder Gewalt. 

Eine von vielen Frauenbeauftragten in den 33 sachsen-anhaltischen Werkstätten für Menschen mit Behinderung ist Kathrin Hennig, die in den Werkstätten der Diakonie in Gräfenhainichen arbeitet. Sie kam 1972 mit einer Missbildung ihrer Arme zur Welt. Nach der Mittleren Reife schloss sie in der ehemaligen DDR eine Ausbildung als Wirtschaftsgehilfin ab. 

Eigentlich wollte Kathrin Hennig damals in einem Büro arbeiten und hatte deshalb extra eine Weiterbildung angefangen. „Doch mit meiner Behinderung wurde das nichts, ich kam einfach nicht weiter“, erzählt sie. Nach langem Zögern informierte sich die junge Frau bei dem Diakonieverein e. V. Bitterfeld-Wolfen-Gräfenhainichen über berufliche Alternativen und Arbeitsmöglichkeiten für sie. „Das hat mich überzeugt, so dass ich kurz nach dem Gespräch ein Praktikum absolvierte und anschließend mit der Berufsbildungsphase begann.“ Während der kommenden zwei Jahre lernte Kathrin Hennig verschiedene Arbeitsbereiche in den Werkstätten der Diakonie kennen. „Das war interessant, aber viele Tätigkeiten waren einfach nichts für mich.“ 

Nachdem die Findungsphase abgeschlossen war, entschied sich die ehemalige Wirtschaftsgehilfin für einen Arbeitsplatz in der Grünanlagenpflege. „Unsere Gruppe wird fast ausschließlich auf sechs städtischen Friedhöfen eingesetzt“, erzählt Kathrin Hennig, „wir mähen den Rasen, fegen Laub, halten die Wege sauber – also eigentlich alles, was in einem Garten oder Park gemacht werden muss.“ Kathrin Hennig, die in Zschornewitz – einem Stadtteil von Gräfenhainichen – lebt, liebt ihren Job und ist froh, dass sie damals den Weg zur Diakonie fand. 

Damit nicht genug: Sie ist sehr kommunikativ, kennt viele Menschen mit Behinderung aus den Werkstätten. Kein Wunder also, dass 2021 gefragt wurde, ob Kathrin Hennig sich vorstellen könne, als Kandidatin für die Wahl zur Frauenbeauftragten der Zweigwerkstatt in Gräfenhainichen anzutreten: „Ich habe nicht lange überlegen müssen“, erinnert sie sich, „es ist wichtig, dass wir Frauen für unsere Rechte eintreten und gehört werden.“ Sie, liebe Leser, ahnen es: Im November 2021 wurde Kathrin Hennig von den Frauen der Diakonie-Werkstätten Bitterfeld-Wolfen-Gräfenhainichen gewählt. 

Seitdem hat sich viel ereignet: Kathrin Hennig besuchte Lehrgänge und Seminare, um ihrer Verantwortung als Frauenbeauftragte gerecht werden zu können: „Es sind oft nur kleine Probleme, die die Beschäftigten belasten. Aber die sind genauso wichtig, wie eine Diskussion um höhere Löhne oder flexible Arbeitszeiten für Schwangere.“

Alle drei Monate setzt sich die Geschäftsleitung mit Kathrin Hennig und ihrer Kollegin, die die Beschäftigten in der Hauptwerkstatt in Wolfen vertritt, zusammen, um die Stimmung unter den Beschäftigten auszuloten oder gemeinsam offene Fragen zu klären. „Die meisten Frauen bei uns vertrauen sich lieber einer weiblichen Person an als einem Mann aus dem Werkstattrat“, weiß Kathrin Hennig zu berichten. „Oft geht es zum Beispiel um Liebeskummer oder Differenzen mit dem Gruppenleiter.“ Meistens hilft den Betroffenen ein Gespräch oder Trost, weiß die Frauenbeauftragte. Wenn das aber nicht reicht, werden auch die Geschäftsführung oder die Werkstattleitung eingeschaltet. Besonders wenn es um Mobbing oder sexuelle Übergriffe geht. Es macht also keinen Unterschied, ob Frau mit Behinderung oder ohne – die Sorgen und Nöte sind gleich und bedürfen einer unbedingten Änderung.

Seit nunmehr drei Jahren arbeitet Kathrin Hennig als ehrenamtliche Frauenbeauftragte. 2024 endet ihre erste Amtsperiode. Doch schon jetzt ist ihr klar, dass sie sich erneut zur Wahl aufstellen lassen wird, „um mehr Gleichberechtigung für uns Frauen, nicht nur in unseren Werkstätten zu erreichen.“ 

Aus diesem Grund hat sie sich vor einigen Wochen als eine von drei Frauenbeauftragten für die Landesarbeitsgemeinschaft (LAG) Frauenbeauftrage wählen lassen. Dass das eine große Verantwortung ist, ist Kathrin Hennig bewusst. Sie weiß aber auch: „In den Werkstätten werden wir Frauen noch immer zu wenig gehört. Das muss sich ändern. Dabei will ich helfen!“ Und das ist auch gut so…